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Beratung bei Pornosucht und Sexsucht

Heute ein Beispiel von jemandem, der an Pornosucht leidet und die persönliche Beratung geordert hat, d.h man kann dann regelmäßig seine ganz individuellen Probleme schildern, Fragen stellen und bekommt dann von einem der Therapeuten eine ausführlich und hilfreiche Antwort. Viele andere Porno- und Sexsüchtige werden sich vielleicht auch in solch einer Situation wiedererkennen, wie sie hier beschrieben ist.

Hallo,

Ich habe das Lavarioprogramm eigentlich schon vor über 3 Wochen bestellt, bin aber gerade mal in der 2. Woche. An das Therapeuten-team würde ich jetzt gerne mal eine erste Email zukommen lassen…

Ich bin jetzt mittlerweile 15+ Jahren pornosüchtig (nicht sexsüchtig..hauptsächlich Bilder, Videos und Chats) und habe vor ca. 2 Jahren ersthaft versucht das erste Mal davon wegzukommen. Wie Sie selbst sehen hat es bisher noch nicht geklappt, selbst wenn ich mich bereits mit anderen diversen Bücher, Videos und sogar Kursen beschäftigt habe. Dies, mit unterschiedlichem Erfolg. Ich bin dabei zur Erkentnis gekommen, dass es womöglich einen wesentlichen Punkt gibt warum ich nach einer bestimmten Zeit in meiner Abstinenz, dennoch immer wieder Rückfälle erleide. Ich kann z.B. ohne weiteres eine Woche ohne meine Sucht auskommen. Danach jedoch, empfinde ich meist immer wieder einen rapiden Abfall meines Ehrgeizes (oder auch Willen wie man so schön sagt..) wobei der Drang nach neuen hübschen Bildern bzw. Frauen und Körpern so stark wird, sodass ich nicht mehr anders kann. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber für mich ist diese Sucht wie ein „geheimes Hobby“ welches ich von meiner Frau zu verstecken versuche. Es ist ok, so blöd es auch klingen mag, dieses „Hobby“ für ein paar Tage auf Eis zu legen. Nur nach 7-10 Tagen erscheint mir eben immer dieses starke Gefühl dass ich es doch so sehr vermisse, obwohl ich die Sucht ja loslassen möchte. Dies ist ein derartiger Teufelskreis, denn ich weiss die Sucht bringt mir ausser kurzfristige Glücksgefühle überhaupt nichts. Aber wie kann ich diese permanent loswerden? Erst wenn ich mich also wieder der Sucht voll hingebe, und ich dadurch körperlich und geistig völlig ausgelaugt bin bzw. wieder in Verzweiflung versinke, scheine ich wieder bei Verstand zu sein und meiner Heilung Vorrang zu geben. Nach ein paar Tagen denke ich mir dann aber wieder, wie kann ich all diese schönen Körper aufgeben wenn es sich doch so gut anfühlt? Also, ich komme aus dieser Misere nicht heraus. Und ich bin mir sicher, wenn ich dieses Problem nicht löse, welches sich nur in meinem Kopf befindet, werde ich aus diesen Teufelskreis nicht hinauskommen.

Vielleicht haben ja Sie ein paar Tips zu meinem Problem. Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen von ihnen zu hören.

Beste Grüße,

XXX

 

Hallo XXX,

schön, dass Sie den Weg zum Lavario-Programm gefunden haben. Dann wollen wir jetzt mal zusehen, dass Sie auch Erfolge damit feiern können. Sie schreiben ja direkt am Anfang, dass Sie das Programm vor über drei Wochen bestellt haben, aber gerade mal in der zweiten Woche sind.

Machen Sie sich deswegen überhaupt keine Gedanken. Es ist im Prinzip völlig egal, in welcher Zeit Sie das Programm durcharbeiten. Letztendlich ist nur wichtig, DASS Sie es durcharbeiten. Dass Sie es durchARBEITEN – und nicht nur durchLESEN.

Wissen Sie: wir hatten bis 2009 gar keine Wocheneinteilung. Und auch keine Messgrößen (das mit der 20% Reduzierung pro Woche). Wir hatten aber einiges an Feedback von den Kunden bekommen in Richtung: ich möchte sehen, ob ich Fortschritte mache. Ich will das messen können. Ich brauche ein bisschen mehr Struktur. Dann haben wir 2009 all das eingeführt. Das Programm nicht wirklich inhaltlich verändert, aber diese Struktur vorgenommen.

Das heißt aber nicht, dass Sie sich beeilen müssen und auch nicht, dass Sie das Programm nicht auch in 8 Monaten statt in 8 Wochen durcharbeiten können. Wichtig sind die Erkenntnisse, die Sie gewinnen, wenn Sie die Texte lesen, die Übungen machen und intensiv über all das nachdenken. Und die Tipps ausprobieren.

Sie schreiben dann, dass Sie ohne weiteres z. B. eine Woche ohne Ihre Sucht auskommen können, dann aber wieder einen Rückfall haben. Damit drücken Sie einen Denkfehler aus, den am Anfang 95% aller Pornosüchtigen (und auch aller anderen Süchtigen) machen. Man will sich beweisen, dass man auch ohne kann und setzt den Konsum auf Null. Beim Alkohol, beim Zocken, beim Rauchen etc. ist das übrigens genauso. Und bei den Neujahrsvorsätzen bzgl. Diäten genauso. Das ist menschlich. Macht aber wenig Sinn. Das erklären wir ja auch am Anfang des Programms. Außer bei harten Drogen wie Heroin, Ecstasy etc. ist ein abrupter Entzug nicht zielführend. Selbstverständlich fallen Sie in solch einem Fall wieder zurück in Ihre alten Gewohnheiten. Warum sollten Sie auch NICHT zurückfallen? Es hat sich doch ansonsten überhaupt nichts in Ihrem Leben verändert. Es gab ja Gründe, warum Sie mit Pornos (oder Zocken, oder Alkohol, oder Bulimie etc.) angefangen haben. Wenn Sie ansonsten nichts an Ihren Einstellungen und Verhaltensweisen ändern, kann ja auch nicht einfach die Sucht verschwinden. Jedenfalls nicht, nur weil Sie es wollen. Wäre es so einfach, wäre es ja keine Sucht.

Jeder, der es auf diese Weise versucht, also sich sagt: ab morgen höre ich auf, hat den Charakter der Sucht noch nicht verstanden. Genau deshalb haben Sie dann ja auch die Erfahrung gemacht, dass Sie nach z. B. einer Woche wieder zurück auf die Pornoseiten „müssen“. Sie werden im Laufe des Programms also lernen, WARUM Sie überhaupt in die Sucht hineingeraten sind, WELCHES bei Ihnen die Auslöser sind, immer wieder auf die Pornoseiten zu gehen, wie Ihr Gehirn funktioniert, wie Sie anders mit sich selber umgehen müssen und und und. Natürlich lernen Sie auch ganz praktische Tipps wie die Sofort-Tipps aus dem ersten Kapitel, aber ehrlich gesagt sind die gar nicht so entscheidend. Schön, wenn sie funktionieren, aber es gibt wichtigere Dinge. Sie müssen in die Tiefe gehen und das lernen Sie ja in den nächsten Wochen (oder Monaten 😉  ).

Je mehr Sie dann über sich selbst, über Ihre Vergangenheit und über die Sucht erfahren UND je mehr Sie sich Alternativen für die Zukunft erarbeiten, umso weniger werden Sie dann auch die Pornoseiten benötigen. SO funktioniert ein Suchtentzug, wenn er dauerhaft sein soll und nicht nur auf eine, zwei oder drei Wochen Abstinenz angelegt sein soll. Das dauert also Zeit. Und deshalb ist es nicht sinnvoll, sich vorzunehmen, sofort komplett auf die Bilder und Chats und Filme zu verzichten. Erstens sind Sie noch gar nicht so weit, das durchzuhalten, denn Sie stehen ja erst ganz am Anfang des Programms. Und zweitens müssen Sie Ihr Gehirn ja auch nicht überfordern. Warum wollen Sie ihm all das Dopamin, was es bisher immer so schön beim Pornogucken ausgeschüttet hat, auf einen Schlag wegnehmen?

Die Frage ist halb ironisch gemeint. Will sagen: lassen Sie sich Zeit. Kreieren Sie sich keine Stress-Situationen. Sie sollen sich KEINE Überziele setzen wie z. B. „Diesmal schaffe ich es zwei Wochen ohne statt nur einer.“, denn Sie sollen keine Enttäuschungen provozieren, sondern kleine Erfolgserlebnisse. Also lieber Ziele setzen wie: Ab sofort sind Filme erlaubt, aber kein Chat. Oder: Ab sofort nur 6 Mal die Woche statt jeden Tag. Oder: Ab jetzt nur noch 10 Filmchen am Abend statt 12. Langsames Reduzieren.

Letztendlich ist auch das nicht ENTSCHEIDEND, aber es hilft. Es hilft, weil es ein wenig Zufriedenheitsgefühl vermittelt – man hat kleine Erfolgserlebnisse. Es hilft aber vor allem, weil das Gehirn ganz langsam lernt, auch mit weniger zurechtzukommen – und zwar so, dass es nicht weh tut (also anders, als wenn Sie sich nach einer Woche kompletter Abstinenz versuchen zu zwingen, noch einen Tag länger durchzuhalten). Das Gehirn soll nicht nur mit SÜCHTIG oder SUCHTFREI vertraut sein, sondern auch mit den Schritten dazwischen. Ich glaube, es ist am Ende des ersten Kapitels im Buch erklärt, mit dem Auto, vom 5. in den 1. Gang schalten und mit den 80%, 60%, 40% … etc. Lesen Sie sich das vielleicht auch einmal durch.

Also, ich schrieb eben, dass das hilft, aber nicht entscheidend ist. Was meine ich damit? Letztendlich ist die Suchtfreiheit das ERGEBNIS des Prozesses. Sie werden nicht suchtfrei, weil Sie lernen, mit 90%, 80%, 70% etc. umzugehen. Klar, das hilft. Aber letztendlich schaffen Sie es, die 90%, 80%, 70%, …. durchzuhalten, weil Sie LERNEN und als KONSEQUENZ dann nicht mehr so viel Porno brauchen.

„Nicht mehr so viel“ – damit komme ich zu einem weiteren Punkt. Die Frage ist ja auch, ob Sie sich auf mittlere Sicht, also z. B. heute in 2 oder 3 Monaten, als Ziel NULL Porno setzen oder etwas anderes. Sie schrieben ja, dass Sie es eine Woche durchhalten konnten. Das bedeutet wahrscheinlich, so verstehe ich es zumindest, eine Woche KOMPLETT ohne Porno.

Wenn Sie sich NULL Porno als Ziel setzen, sind Sie natürlich heiliger als die Jungfrau Maria, um es mal so auszudrücken. Die Mehrzahl der Deutschen (geschätzte 75% der Männer und knapp 50% der Frauen) schauen regelmäßig Pornos. Das heißt nicht, dass Sie es jeden Tag tun und auch nicht stundenlang und sie verzweifeln daran auch nicht. Es ist vielmehr ein ganz normaler – na ja, fast normaler, denn es ist natürlich etwas Aufregendes – Teil ihres Alltags. So wie viele regelmäßig ein Glas Wein trinken und dabei entspannen. Sogar viele Ehemänner masturbieren heimlich, wenn die Frau schon eingeschlafen ist, und sie sich dann andere Frauen oder andere Dinge vorstellen.

Will sagen: in MAßEN KONSUMIERT, ist Porno nicht schädlich. (Wir wollen jetzt einmal auf eine religiöse Betrachtung verzichten- ich beschränke mich auf die psychische Gesundheit.) Genauso wenig wie Alkohol in Maßen getrunken keine negativen Konsequenzen hat. Und so wie ein BISSCHEN Alkohol durchaus positive, stimulierende Wirkungen haben kann, kann auch ein BISSCHEN Pornografie durchaus das Sexleben anfeuern. Viele Pärchen schauen sich ja auch zusammen Filme an und werden dadurch so angetörnt, dass es danach im Bett abgeht. Etliche Pärchen gehen auch in Swingerclubs oder haben andere Fetische, OHNE deswegen gleich süchtig zu sein.

Will sagen: sich als Ziel NULL Porno zu setzen ist nicht unbedingt erforderlich. Porno hinterlässt keine körperliche Abhängigkeit wie Heroin oder große Mengen Alkohol. Man braucht daher keinen körperlichen Entzug mit dauerhafter Abstinenz. Vielmehr ist es eine mentale Abhängigkeit und man kann lernen, mit weniger auszukommen. Es würde aus meiner Sicht durchaus Sinn machen, wenn Sie sich ein Ziel setzen, was z. B. 20 oder 30% Ihres bisherigen Konsums ausmacht. Wenn Sie also z. B. bisher 10 Stunden die Woche Pornos geguckt haben, dann setzen Sie sich als Ziel nach 8 Wochen (oder 8 Monaten oder bis wann auch immer Sie das Programm durcharbeiten): 3 Stunden. Und dann reduzieren Sie jede Woche ein bisschen, bis Sie nach 8 Wochen oder was auch immer die 3 Stunden erreicht haben.

Und dann halten Sie die 3 Stunden einmal ein paar Monate durch. Wenn Sie DANN immer noch das Gefühl haben, dass Sie noch weiter reduzieren sollten, dann beginnen Sie das Programm noch einmal neu und reduzieren dann in weiteren Schritten von 3 Stunden auf was auch immer dann Ihr neues Ziel ist.

Es hat einen Grund, warum ich dies so ausführlich schreibe. Sie haben nämlich etwas sehr Interessantes geschrieben. „Wie kann ich all diese schönen Körper aufgeben“. Das ist etwas anderes als das, worunter viele andere Porno- und Sexsüchtige leiden. Sie genießen wirklich die schönen Bilder, die schönen Frauen, die beschriebenen Situationen – bei Ihnen ist wahrscheinlich ein starkes ästhetisches Gefühl dabei. Bei vielen, stärker Pornoabhängigen ist das etwas anderes: Dort steht fast ausschließlich der Orgasmus im Vordergrund. Wir haben hier Patienten, die es 10 oder auch 20 Mal ab Tag „brauchen“. Es sind teilweise Schmerzen damit verbunden – man holt alles aus dem Körper heraus, nur um nochmal diesen kurzen Kick des Orgasmus zu bekommen. Das hat nicht mehr viel mit schönen Körpern zu tun.

Bei diesen Patienten ist es dann auch so, dass sie einfach nur noch irgendwie weg wollen von dem ganzen Schlamassel und auch auf die „schönen Körper“ gerne verzichten würden. Seien Sie froh, dass das bei Ihnen nicht so ist. Sie haben noch die Fähigkeit, beim Betrachten der Bilder wirklich zu genießen. Klar, Sie haben Schuldgefühle und Scham, weil Sie es auch viel zu häufig und heimlich tun und verheiratet sind. Und Sie haben vielleicht auch Schlafmangel und fühlen sich manchmal körperlich ziemlich müde und fertig.  Aber es wäre jetzt aus meiner Sicht der falsche Weg, sich zu sagen, ich muss auf diese schönen Körper verzichten und darf gar keine Pornos mehr gucken.

Ich will Sie jetzt nicht demotivieren, überhaupt nicht. Aber es ist bei Suchttherapien fast immer so, dass das Gehirn uns unterstützt, das Ziel zu erreichen, was man im Unterbewusstsein verankert hat. Das, woran man wirklich glaubt. Wenn ein Heroinsüchtiger wirklich wegkommen will davon und im Heroin auch wirklich nichts Tolles sehen kann – dann kommt er mit einer Therapie wahrscheinlich auch davon los. Weil er es insgeheim gar nicht anstrebt. Wenn aber ein mental Alkoholabhängiger eigentlich den Geschmack von Rotwein liebt, wird sich in ihm auch alles sträuben, dauerhaft trocken zu bleiben. (Ich spreche jetzt nicht von einem KÖRPERLICH Alkoholabhängigen, der sich den Schnaps auch einfach nur noch reinschüttet, um high zu werden).

So ist das auch bei Ihnen – behaupte ich jetzt einfach einmal, obwohl dies ja erst die erste Mail ist und ich Sie mit der Zeit sicher noch besser einschätzen kann. Wenn Sie wirklich Freude daran haben, sich die hübschen Frauen oder was auch immer anzuschauen, dann wird Ihr Gehirn Sie boykottieren, wenn Sie versuchen, ihm diese Freude komplett wegzunehmen. Das heißt nicht, dass Sie nicht auch das schaffen können, aber es wird dann wirklich schmerzhaft und schwierig auf Dauer. Ganz anders, wenn Sie eine Art Friedensvertrag mit Ihrem Gehirn (und letztendlich mit sich selbst) schließen und sagen: ok, ich darf auch in Zukunft Filme gucken, aber nur noch in Maßen. Das ist etwas GANZ anderes!!

Mit dem Unterschied „Gehirn“ vs. „Sie selbst“ meine ich Ihr Unterbewusstsein vs. Ihre bewussten Entscheidungen – aber dazu kommt im Programm noch einiges. Dem will ich jetzt nicht vorgreifen.

Seien Sie im Zweifelsfall immer großzügig zu sich selbst. Sie werden überrascht sein, dass Sie damit auf Dauer mehr Erfolge haben werden als wenn Sie sich disziplinieren wollen („ich habe sieben Tage geschafft“).

Ich denke, das sind jetzt die Dinge, über die Sie sich jetzt Gedanken machen sollten (zusätzlich zu dem, was im Programm ja sowieso alles von Ihnen gefordert ist). Sie forderten ja Tipps ein zu diesem Teufelskreis und ich hoffe, dass meine Gedanken hilfreich sind!

So weit erst einmal.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf